Fördermaßnahmen
Aktion gegen den plötzlichen Kindstod
Der plötzliche Säuglingstod ist die häufigste Todesursache in der gesamten Kindheit. Er tritt mit einer Häufigkeit von 1 bis 5 pro Tausend in den modernen Industriestaaten auf. In Deutschland verstarb zwischen 1990 und 1999 etwa 1 Kind pro 1.000 Lebendgeburten (Häufigkeit 1 %o). Pro Jahr sterben doppelt so viele Kinder am plötzlichen Kindstod wie an Krebs.
Trotz intensiver Forschungsarbeiten in den letzten Jahrzehnten ist die Ursache des plötzlichen Kindstodes nach wie vor nicht bekannt. Bekannt sind nur einige Risikofaktoren, die mit dem plötzlichen Kindstod assoziiert sind, wie z.B. das Rauchen während der Schwangerschaft und Stillperiode, extreme Frühgeburtlichkeit, fehlendes Stillen, und insbesondere die Bauchlage. 86% der am plötzlichen Kindstod verstorbenen Kinder wurden in Bauchlage aufgefunden. Aus diesem Grund wurde Ende der 80iger Jahre die früher empfohlene Bauchlage als gefährlich angesehen und propagiert, Kinder auf den Rücken zu lagern. |
Durch die Kampagne konnte die Häufigkeit des plötzlichen Kindstodes von vorher 1500 pro Jahr auf die Hälfte reduziert
werden. Nach wie vor ist jedoch unklar, wieso die Bauchlage mit einem erhöhten Risiko einhergeht am plötzlichen Kindstod
zu versterben.
Bei der Obduktion von Kindern die am plötzlichen Kindstod verstorben sind, findet man in der Regel keine Auffälligkeiten.
Bei der feingeweblichen Untersuchung des Hirnstammes lassen sich jedoch häufig Narben im Hirnstamm nachweisen, die Folge
einer Minderdurchblutung des Hirnstammes sein könnten. Dies ist umso bedeutsamer als der Hirnstamm Sitz des Atem- und
Kreislauf-zentrums ist. Aus diesem Grund lag die Vermutung nahe, dass eine lageabhängige Minderdurchblutung des
Hirnstammes eine Ursache des plötzlichen Kindstodes sein könnte.
Professor Karl-Heinz Deeg an der hiesigen Klinik für Kinder und Jugendliche hat ein Verfahren entwickelt mit dem die Durchblutung des Hirnstammes bei kleinen Säuglingen untersucht werden kann. Mit der Doppelsonographie, einem besonderen Ultraschall-verfahren, kann die Blutströmung in den Hirnbasisgefäßen, die den Hirnstamm mit Blut versorgen, gemessen werden. Hierbei konnte gezeigt werden, dass bei Risikokindern, die von ihren Eltern leblos im Bett aufgefunden wurden, jedoch wiederbelebt werden konnten, bei Drehung des Kopfes ein Abfall der Blutströmung in den Hirnbasisarterien auftreten kann. Infolgedessen kann es zu einer Minderdurchblutung des Hirnstammes kommen, so dass Atem- und Kreislaufstörungen auftreten können, die zum plötzlichen Tod des Kindes im Schlaf führen können. Seit Juni 1998 bietet die Klinik für Kinder und Jugendliche Bamberg für alle Neugeborenen die in Bamberg geboren werden ein freiwilliges Screeningprogramm an. Hierbei wird die Blutströmung in den Hirnbasisarterien in Abhängigkeit von der Körperlage und Drehung des Kopfes gemessen. Bisher konnten 26.400 Kinder untersucht werden. |
Bei 98,7 % der untersuchten Kinder kam es bei Drehung des Kopfes zu keiner Änderung der Blutströmung in
den Hirnbasisarterien. Bei 68 Kindern (0,2%) fiel jedoch die Durchströmung bei Drehung des Kopfes,
insbesondere in Bauchlage stark ab. Bei 262 Kindern (1,1%) kam es zu einem grenzwertigen Rückgang der
Durchblutung bei Kopfdrehung.
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Aus diesem Grund wurden sie mit einem Monitor versorgt, der Herz- und Atemtätigkeit während des Schlafes
aufzeichnet und bei Abfall der Herz- und Atemfrequenz unter eine bestimmte Grenze Alarm gibt.
Die Eltern wurden in Wiederbelebungsmaßnahmen eingewiesen. Keines der Kinder mit auffälliger Blutströmung in den
Hirnbasisarterien, die auf diese Art und Weise versorgt wurden, ist bisher am plötzlichen Kindstod verstorben.
3580 Neugeborene des Bamberger Klinikums nahmen aus verschiedensten Gründen nicht an dem angebotenen Screening-Programm teil.
4 Kinder aus dieser nicht untersuchten Gruppe verstarben am plötzlichen Kindstod - was der erwarteten Häufigkeit in
Deutschland mit 1 Kind pro Tausend Lebendgeburten entspricht!
Im Untersuchungskollektiv der Studie der Kinderklinik Bamberg verstarb lediglich ein Kind (1/24.946
entspricht weniger als 0,01 %) am plötzlichen Kindstod, das eine unauffällige Hirnblutung aufwies, so
dass offensichtlich eine andere Ursache für den Tod vorgelegen hat. Damit ist die Häufigkeit des
Plötzlichen Kindstodes bei den untersuchten Kindern hoch signifikant niedriger als in der Bundesrepublik
Deutschland. Bundesweit fand sich von 1990 bis 1999 eine Häufigkeit des Plötzlichen Kindestodes von 1 %o,
d.h. zehnmal häufiger als im Bamberger Kollektiv. Bislang war das Projekt nur durch die großzügige
finanzielle Unterstützung der Robert-Pfleger-Stiftung möglich. Diese Stiftung hatte über 2 Jahre hin
im Rahmen eines wissenschaftlichen Forschungsantrages eine Assistenzarztstelle finanziert und weitere
Sachmittel zur Verfügung gestellt.
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